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Schulmuseum Wartha

Wiedereinweihung der Schuluhr zu Wartha

Rede von Sieghard Kosel, von 1945 bis 1951 Schüler in Wartha

Dem Glücklichen schlage keine Stunde, weiß der Volksmund zu sagen. Einigermaßen lebenserfahren mit meinen Jahren rate ich dringend ab, sich darauf zu verlassen. Es kommt zu oft, wie es kommen muß, und oft zu unserem Verdruß.

Turmuhr des Schulmuseums

So geschah es auch, als in Wartha vor mehr als hundert Jahren, im Herbste des Jahres 1898 nämlich, als die neue Schule eröffnet wurde, nachdem die vormalige kurz zuvor abgebrannt war - wobei wir bei der Erwähnung dieses Tatbestandes der Brandursache nicht nachgehen wollen - weil eben jene Schule vorher durch Inspektion und Begutachtung als nicht mehr aufrecht zu haltendes Gebäude bezeichnet wurde.
Plötzlich gab in der neuen Schule ein Glöckchen den Ton an. Aber als auf äußerst feierliche Art und mit peinlicher preußischer Genauigkeit - man lebte ja auch als Sachse bereits ein reichlich anderthalb Jahrzehnt im Deutschen Reich, will sagen in preußischer Staatsordnung - die Schule eingeweiht wurde, geschah ein Versäumnis, das niemand bemerkte - irgendjemand hätte es doch bemerken sollen - und keiner drum beanstandete:
Die auf das Dach gesetzte Turmuhr wurde nicht feierlich eingeweiht.

Sie begann einfach, keiner weiß ab wann, zu schlagen, ihre Zeit vor Schulbeginn und ihre Zeit nach Schulschluss. Es war ja nur eine Schuluhr, keine Kirchenuhr, wenngleich dem Architekten die Tatsache, dass Wartha keine Kirche hatte und von diesem Ort aus weit und breit keine Kirchturmspitze zu sehen war, die Zeichenfeder geführt haben mag. Mag sein. Geschah auch später noch, wenn ich an die in den fünfziger Jahren in Bautzen erbaute Ingenieurschule erinnern darf, die der Volksmund flugs wegen des Turmes den Namen Ingenieurkirche verpaßte. Das freilich, auch auf andere Art nicht, geschah in Wartha nicht.

Irgend etwas Besonderes aber, und sei es noch so klein, braucht wohl ein jeder Ort. Also hatte der Ort am Rande der Heide und der Teiche nun sein Türmchen, und sinnigerweise wurde das gesamte Gebilde, Gehäuse wie technisches Eingeweide, einfach Schuluhr genannt.
Das Streben nach Besonderem ist indes oft aller - auch der architektonischen - Laster Anfang. So denn auch hier. Bei aller Liebe - geben wir es doch zu - so richtig Turm ist nicht, was da das Dach zu krönen sucht. Zu klein geraten und, nachdem die Glocke wieder erklingen wird, werden wir es merken, so richtig Glocke ist es auch nicht, was da läutet. Es bimmelt mehr, aber, da vermag ich mich gut zu erinnern:

Wiese vor Wartha

Der Klang der Glocke wurde einst weit in die Fluren getragen. Als ich, Ziegenjunge wider Willen, am Waldesrand die drei oder vier Ziegen- es schienen mir immer einige zu viel zu sein - so in der Einsamkeit hütete, sah ich nach verflossenen Stunden sehnsuchtsvoll auf das ganz in der Ferne sich aus der Senke empor reckende Türmchen und harrte, als ob ich es erzwingen konnte, des Glockenklangs, wartete auf die Feierabendglocke.
Junge wie Ziegen trollten sich über Stock und Stein davon und der Junge, eher dem Lesen von Büchern als dem Hüten von Ziegen zugetan, hob dankbar, als er der Schule ganz ansichtig wurde, den Blick auf die Uhr. So sah jeder auf seine Art den Nutzen der Uhr.

Die Uhr zu Wartha hatte gleich mehrere Aufgaben zu erfüllen: Sie war Ersatz für nicht vorhandenen Kirchturm, sie musste für eben auf solchen Türmen angebrachte Glocken stellvertretend herhalten und sie war - immerhin im Jahre 1898 angebracht, als der Besitz einer Taschenuhr noch Reichtum vorgab - für die Ortsansässigen ein zeitmessendes Hilfsmittel.

Ach, die liebe Zeit. Was mag sich nicht alles unter dem Türmchen abgespielt haben in all den Jahren.

Freude und Leid, Geburt und Tod, Krieg und Frieden, der sinnlose Bau der Panzersperre bei Helbigs und der Beschuß von Wartha allein 1945, die ersten Volksfeste, Kinderfeste mit, heute würde man sagen, gesponsorter Wurst und Maibaumwerfen und allerlei Leid, Haß und Liebe, letzteren Krönung als Hochzeitsaufgebot an der Schwarzen Tafel gegenüber der Schule für alle Augen sichtbar.
Das alles war ja nun was, wonach man sich zu damaliger Zeit richten konnte.

Irgendwann, nachdem Leute aus dem Ort wie der Metasch, Heinrich, die der Sache kundig waren, das Uhrwerk gepflegt hatten und Uhrmacher verbissen die alternde Uhr zu reparieren suchten, gab sie ihren so auf Genauigkeit gerichteten Geist auf.

Es mag 1968 gewesen sein. Und wieder, wie zu Beginn, als sie auf das Dach gesetzt, konnte keiner sagen, ab wann und wie. Nun denn: Vergessenes zurückbringen kann auch die neue Uhr nicht, an Zeit erinnern, das vermag sie schon.

Türmchen mit Uhr

Ab heute, ab dem 03. Mai des Jahres 2002, genau ab 17 Uhr, soll sie wieder schlagen, die Glocke von Wartha, die eine richtige Glocke nicht ist, aber die wir mit Nachsicht für eine solche nehmen wollen, und ab jetzt nun ertönt ihr Klang wieder, zur Freude der Bewohner, das will ich hoffen, zur Überraschung der Gäste und zum Ruhme jener, die die alte Uhr wieder haben wollten und die es ermöglichten, dass sie in Gang gebracht wurde.

Um genau zu sein; zum Ruhme des Heimatvereins "Radiška", des Bürgermeisters, Herrn Skomudek und des Uhrmachermeisters Hiemer aus Radebeul.

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